Septuaginta und Vulgata für MFchi und Bibel digital

Deutsche Bibelgesellschaft, ISBN: 9783438019356, 25 Euro.

Autor der Rezension: Matthias Jendrek

Erstellt: November 2008

„CD-ROM Bibel Edition - Septuaginta und Vulgata” ist ein Baustein für MFchi und fasst zwei wichtige Textausgaben zusammen. Die aktuelle Ausgabe enthält

Rahlfs, Alfred / Hanhart, Robert: Septuaginta. Id est Vetus Testamentum graece iuxta LXX interpretes, revidierte Ausgabe, 2. Auflage (Stuttgart) 2006. ISBN 3-438-05119-2

und

Weber, Robert / Gryson, Roger: Biblia Sacra iuxtam Vulgatam versionem, revidierte Ausgabe, 4. Auflage (Stuttgart) 1994. ISBN 3-438-05303-9,

allerdings in beiden Fällen ohne kritischen Apparat. Als deutscher Referenztext in der Testinstallation dient die Bibel nach Martin Luther, revidierte Ausgabe 1984, in neuer Rechtschreibung (elektronische Ausgabe 2003). Grundsätzlich ist eine Nutzung des Moduls auch ohne Installation direkt von CD möglich, dann allerdings nicht in Kombination mit anderen Textausgaben.

Der Monitor zeigt nach Installation der genannten Module in etwa dieses Bild, wobei zur Demonstration die Stelle Jesus Sirach 6,5 bereits in beiden enthaltenen Ausgaben aufgerufen wurde:
LXX Vulgata Grundansicht

Der griechische Text lässt sich auch auf einem älteren Röhrenmonitor in der Grundeinstellung recht gut lesen. Die zur Anzeige verwendete Schrift ist fest auf „SIL Galatia” eingestellt, die Einrichtung der Schriftart auf dem System erfolgt bei der Installation automatisch.

In Sachen Buchkürzel zur direkten Stellenangabe erweist sich das Modul als Sprachkünstler: Es versteht (bei Einstellung der deutschsprachigen Programmoberfläche) die in den Loccumer Richtlinien festgelegten Buchstabenfolgen; für die Vulgata aber auch die lateinischen Abkürzungen sowie die im englischen Sprachraum verbreiteten Varianten. Die Verwendung der griechischen Buchbezeichnungen in der LXX sowie der vollen lateinischen Buchnamen ist dagegen nicht möglich. Zumindest im Falle der Vulgata erscheint diese Entscheidung ein wenig inkonsistent. Da aber weder die griechischen noch die lateinischen Bezeichnungen vielfach verwendet werden, fällt dieses Fehlen kaum ins Gewicht.

Bei der Grundnavigation ergibt sich durch die griechische Schrift weiters die Notwendigkeit, deren Zeichen in die Suchfelder einzugeben. Bei aktivierten griechischen Ausgaben erscheint darum in der Eingabezeile eine zusätzliche Wahlmöglichkeit. Die tatsächliche Eingabe kann entweder über die Tastatur oder mit Hilfe des sich automatisch öffnenden Fensters „Eingabehilfe” erfolgen:
LXX Vulgata Hilfefensterchen
Wer das Altgriechische beherrscht, dem fällt auf, dass im Eingabefenster die Akzente und das Schluss-Sigma fehlen. Diese werden bei der Suche nicht berücksichtigt, und selbst bei Eingabe in das Suchfeld durch Kopieren und Einfügen aus einem Textfenster ignoriert. Einerseits erleichtert dieses Verhalten die Eingabe der Suchbegriffe enorm, andererseits bedeutet es einen gewissen Verlust an Präzision. Hier sind Bedarf und Interesse des Nutzers angefragt. Eine griechische oder lateinische Wortliste oder gar ein Wörterbuch sind freilich für den Preis des Programms nicht zu erwarten. Die Verwendung der logischen Konnektoren und Platzhalterzeichen funktioniert in allen Sprachen, wobei die Platzhalter in der griechischen Schrift den Gepflogenheiten der Sprache angepasst werden: aus dem Fragezeichen wird ein Semikolon.
LXX Vulgata Parallelen LXX
Das gezeigte Suchergebnisfenster bringt einen großen Vorteil der elektronischen Textausgaben ins Bild. Die beiden im Modul enthaltenen LXX-„Versionen” ermöglichen es an Stellen mit breiter Parallelüberlieferung, die Entsprechungen beliebig zu arrangieren und zu vergleichen. (Im Beispiel ist der Beginn der Susanna-Geschichte zu sehen.) Dies bedeutet eine wesentlich komfortablere Handhabung als bei der Druckausgabe, die die jeweiligen Überlieferungen auf einer Seite untereinander wiedergibt. Welche Texte welcher internen Version zugeordnet werden, gibt die Hilfe zum Modul „Septuaginta und Vulgata” an. Ähnliches gilt im Falle der Vulgata, bei denen das gedruckte Buch die Psalmen nach dem griechischen Text (psalterium gallicanum) und nach der hebräischen Überlieferung (psalterium iuxta hebraeos) auf gegenüberliegenden Seiten nebeneinander stellt. Die Zählung der Psalmen folgt in beiden internen Versionen der Tradition der Vulgata und damit der LXX:
LXX Vulgata Parallelen VUL

Für die Übernahme von direkten Zitaten aus dem griechischen Text gilt sinngemäß dasselbe wie für das Modul „Biblia Hebraica”. Die verwendete ältere Schriftart für den griechischen Text der LXX im hier besprochenen Baustein ist „SIL Galatia”, ihre neuere Unicode-Entsprechung wäre „Galatia SIL”. Allerdings erscheint das Problem nicht ganz so gravierend, da die Änderung der Schreibrichtung entfällt. Eine weitergehende Bearbeitung der übernommenen Verse in einer Textverarbeitung ist daher möglich.

Die Zusammenfassung zweier Ausgaben drückt nicht nur das Volumen, sondern auch den Preis: Mit 25 Euro für die CD ist die elektronische Ausgabe bereits günstiger als eines der Druckwerke allein (Vulgata 45 Euro, LXX 46 Euro). In diesem Fall rechtfertigt der Preis möglicherweise den Verzicht auf die - technisch vermutlich aufwändigere - Umsetzung der kritischen Apparate. Allerdings ist wie bei der Biblia Hebraica der Interessent gefragt, ob sie oder er eher schnelles Nachschlagen oder die Genauigkeit einer kritischen Ausgabe benötigt. (Die textkritischen Apparate zur Septuaginta, zur Biblia Hebraica Stuttgartensia, zur neuen Biblia Hebraica Quinta sowie zum Novum Testamentum Graece bietet das Programm "Stuttgarter Elektronische Studienbibel" - SESB.)

Fazit: Die vergleichsweise geringe Ausstattung der elektronischen Fassungen von Septuaginta und Vulgata wird durch den wesentlich günstigeren Preis und die leichtere Handhabung durchaus gerechtfertigt, kann dem an kritischer Arbeit Interessierten aber Verweise und Apparat nicht ersetzen. Mit Latein- und Griechischkenntnissen lassen sich die komfortablen MFchi-Suchfunktionen voll einsetzen, mit geringeren Kenntnissen wird es schwieriger - allerdings sicher nicht unmöglich. Auch bleibt das Modul für Nutzer, die des Lateinischen kundig genug sind, für sich genommen sinnvoll, denn das Lateinische erlaubt bisweilen Rückschlüsse auf griechische Konstruktionen. Der Hauptnutzen bleibt jedoch die Ergänzung einer MFchi-Installation mit mehreren Übersetzungen und Sprachen, um rasch einen zuverlässigen Originaltext bzw. die traditionsreiche lateinische Version bei der Hand zu haben.

Auf alle Fälle ist für eine der nächsten Ausgaben die Umstellung auf das Unicode-System wünschenswert, um eine noch problemlosere Portierbarkeit des griechischen Textes zu gewährleisten.

Zum Autor dieser Rezension
Matthias Jendrek, Diplomtheologe, hat an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz katholische Theologie studiert. Von Mitte 2007 bis Anfang 2009 war er am Aufbau des Projekts Bibelsoftware beteiligt. Seine Abschlussarbeit im Fach Exegese des Alten Testaments bei Prof. Dr. Thomas Hieke befasste sich mit dem Thema „Esras Gebet. (Esr 9,6-15)”.