Erstellt: 27. November 2020
Autor des Testberichts: Prof. Dr. Thomas Hieke

Inzwischen ist die Bibelsoftware Logos in der Version 9 auf dem Markt. Wer ein Logos 9 Paket erwirbt, kann sofort die neuste Softwareversion nutzen. Bestehende Logos-Installationen können Anfang nächsten Jahres aktualisiert werden. Mit Logos 9 sind eine Reihe neuer deutschsprachiger Ressourcen verfügbar.

Das Aussehen des Programms wird durch zwei neue Funktionen erheblich aufgewertet:

  1. Logos hat jetzt einen einschaltbaren „dark mode“ (also helle Schrift auf dunklem Hintergrund);
  2. Die Gesamtgröße des Programms ist jetzt skalierbar (von 80-200%), so dass individuelle Einstellungen auf Bildschirmgrößen, Präsentationsflächen und eigenes Arbeiten leichter möglich sind.

Darüber hinaus gibt es noch einige weitere wichtige Neuerungen.

Faithlife Corporation, Bellingham, Washington, USA (https://faithlife.com).

Unter www.logos.com (Englisch) und https://de.logos.com/ (Deutsch) kann man sich über die Features und Inhalte von Logos informieren.

Grundsätzliche Features von Logos werden in den Rezensionen zu Logos 8, Logos 7 und Logos 5 erklärt und hier vorausgesetzt. Für den Einstieg seien die Produkte Logos Academic Basic und Logos Einsteiger (akademisch) empfohlen.

Das Motto der neuen Version von Logos 9 lautet: „Analysieren. Visualisieren. Anwenden.“ Das „Anwenden“ ist gegenüber Logos 8, wo es noch „Verstehen“ hieß, hinzugekommen – natürlich ist das kein „Ersetzen“, sondern eine leichte Akzentverschiebung: Um das „Verstehen“ geht es bei Bibelsoftware immer, und immer ist Logos Bibelsoftware eine sehr große Hilfe, Bibeltexte besser zu verstehen. Das bleibt bei Logos 9 natürlich auch so. Aber die neue Version legt doch stärker den Akzent auf das „Anwenden“. Mehrere neue Features unterstützen insbesondere bei der Predigtvorbereitung. Dass eine gute Exegese die beste Voraussetzung für eine gute Predigt ist, sollte allen klar sein – daher ist Logos 9 auch für die wissenschaftliche exegetische Arbeit weiterhin ein ganz wichtiges Werkzeug.

Dieses Werkzeug ist in vielerlei Hinsicht noch „schärfer“ geworden. Drei Aspekte seien hervorgehoben:

1) die Optik und das Handling,

2) die neu verfügbaren Ressourcen und das Faktenbuch,

3) die Predigtunterstützung.

Logos 9 ermöglicht erstmals die einfache Umstellung auf den so genannten „dark mode“, also die invertierte Darstellung, die eine helle Schrift auf dunklem Hintergrund bietet. Ein möglicher Arbeitsplatz sieht dann etwa so aus:

Für das Arbeiten ist diese komplexe Aufteilung gerade richtig, da alle wichtigen Dinge schnell zur Hand sind. Aber vielleicht will man in der Vorlesung, im Seminar oder in einem Kurs mit dem Beamer (Projektor) etwas zeigen, und dafür ist diese Darstellung zu klein. Schnell kann man in Logos 9 den gesamten Arbeitsplatz auf 150% skalieren, was dann z.B. so aussieht:

Das kann man dann schon eher mit einem Projektor an die Wand werfen. Es sind auch noch die Stufen 80% und 200% möglich – auch dafür gibt es sicher Einsatzszenarien.

Mit der Taste F8 wird der Zeichenmodus eingeschaltet, mit dem man sehr rasch auf dem gerade eingestellten Bildschirm zeichnen kann – im folgenden Beispiel ist die Bibelstelle, Joel 3,1, mit „grün“ hervorgehoben, und zwei Satzglieder in der deutschen Übersetzung sind im Hebräischen farblich markiert worden:

Ein besonderes Feature von Logos 9 sind interaktive Diagramme. Eines sei hervorgehoben: „Bücher der Bibel im Überblick„. Die Visualisierungen sind auch ästhetisch ein Gewinn. Das Tool startet mit einer Übersicht über die Bücher der Bibel in ihrer Reihenfolge, wobei grob nach Textgattungen und Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft unterschieden wird: Farben illustrieren den jeweiligen Anteil im Buch. So zeigt folgender Screenshot beispielsweise den hohen Anteil von erzählenden Texten im Buch Genesis, in 1 Samuel oder 1 Makk (hellblau), während das Buch Levitikus so gut wie keine Erzählung enthält, stattdessen Anleitungen für den Ablauf von Prozessen (dunkelgrün) und Aufforderungen für ein bestimmtes Verhalten („Verhalten, hortatorisch“, hellgelb).

Noch spannender ist in diesem Tool die Funktion „Intertext„. In einem Kreisdiagramm, das die Bücher der Bibel von Gen („0 Uhr“) bis Offenbarung („12 Uhr“) im Uhrzeigersinn anordnet, werden die intertextuellen Verbindungen zwischen Altem und Neuem Testament visualisiert. Dabei kann unterschieden werden zwischen „markiertem Zitat“, „unmarkiertem Zitat“, „Anspielung“ und „Echo“, wobei auch „alle“ angezeigt werden können. Das folgende Beispiel zeigt die starken Bezugnahmen der Offenbarung des Johannes auf die Schriften des Alten Testaments:

Die einzelnen Schriftbelege können durch Klicken auf die Farbflächen bei den Büchern angezeigt werden. Auch umgekehrt funktioniert die Darstellung, so dass man sehen kann, wie stark etwa die Psalmen im Neuen Testament aufgegriffen werden:

Durch Klick auf die Farbfläche bei „Ps“ kann man eine Suche starten, die dann die Stellen ausgibt. In folgendem Beispiel wurde die Suche auf „markiertes Zitat“ eingeschränkt und als „Bibel“ die Einheitsübersetzung von 2016 gewählt. Die Liste geht nach Lk 20,42 natürlich weiter bis 1 Petr 3,12.

Die Offenbarung des Johannes hat übrigens kein markiertes Zitat, nur zwei unmarkierte Zitate (Ps 2,9 und Jes 6,3), dafür sehr viele Anspielungen und Echos.

Schon in den vorherigen Versionen hat Logos Farbdiagramme zur Visualisierung von Suchergebnissen ermöglicht. Diese Funktion ist nun erheblich ausgeweitet und ästhetisch aufgewertet worden. Hier etwa das klassische Kreisdiagramm zu den Belegen von בְּרִית, bərît, Bund in der Hebräischen Bibel:

Die gleiche Suche nun in der „Lollipop“-Darstellung, die zusätzlich die Option „Häufigkeit pro 1000 Wörter im Buch“ ermöglicht – es fällt auf, dass die sehr kurze Maleachischrift auffallend häufig das Wort bərît verwendet.

Logos 9 bietet (kostenpflichtigen) Zugang zu einer ganzen Reihe von wichtigen deutschsprachigen (bzw. englischsprachigen) Ressourcen: Lexika, Grundlagenwerke, Kommentarreihen u.a.m. In der folgenden Liste sind wohl auch einige Dinge dabei, die es schon mit Logos 8 (oder auch darunter) gab, aber es ist gut, noch einmal daran zu erinnern, was man alles mit Logos und seinem Laptop, ja, auch in seinem Smartphone herumtragen kann.

  • Religion in Geschichte und Gegenwart, 4. Auflage (RGG4)
  • Herders Neues Bibellexikon
  • Herders Theologischer Kommentar zum Alten Testament (HThKAT)
  • Herders Theologischer Kommentar zum Neuen Testament (HThKNT)
  • Internationaler Exegetischer Kommentar zum Alten Testament (IEKAT)
  • Berit Olam, The Forms of Old Testament Literature (englische Kommentarreihen)
  • M. Lichtheim, Ancient Egyptian Literature
  • Kommentare und Schriften von N.T. Wright (z.B. „Hebräerbrief für heute“)
  • BasisBibel
  • Die Werke von Dietrich Bonhoeffer
  • Theologischer Handkommentar zum Neuen Testament (ThHK)
  • Texte aus der Umwelt des Alten Testaments – Alte und Neue Folge (TUAT-AF, TUAT-NF)
  • Hermeneia (führende englische Kommentarreihe)
  • The Dictionary of Classical Hebrew (D.J.A. Clines) (DCH)
  • Elektronische Bibelkunde (M. Rösel, K.-M. Bull)
  • Interpretation, Old Testament Library (englischsprachige Kommentarreihen)
  • Grundkurs Neutestamentliches Griechisch
  • Neuer Sprachlicher Schlüssel zum Neuen Testament
  • Martin Luther-Studienausgabe
  • Patrologia Graeca
  • Theologisches Wörterbuch zum Alten Testament (ThWAT), incl. Aramäisch
  • Theologisches Handwörterbuch zum Alten Testament (THAT)
  • Exegetisches Wörterbuch zum Neuen Testament (EWNT)
  • International Critical Commentary (ICC)
  • Göttinger Septuaginta

Einige Beispiele:

Religion in Geschichte und Gegenwart, 4. Auflage (RGG4), Art. Abraham, Skalierung 100%:

Herders Neues Bibellexikon, Art. Abraham, Skalierung 150%, heller Modus:

Herders Theologischer Kommentar zum Alten Testament, Levitikus, Skalierung 150%, dunkler Modus:

Herders Theologischer Kommentar zum Neuen Testament, Galaterbrief, Skalierung 100%, dunkler Modus. Die Fußnote 15 bei „Haenchen“ ist gelb markiert, um zu zeigen, wie der Fußnoteninhalt durch einfaches Anfahren mit der Maus (bzw. klicken) angezeigt wird.

Übersicht zu TUAT-AF und TUAT-NF:

Das Faktenbuch ist ein Versuch, die Ressourcen der eigenen Logos-Bibliothek noch gezielter zu bündeln. Aus einem Bibeltext heraus ist es erreichbar, wenn der „visuelle Filter“ eingeschaltet ist. In folgendem Screenshot ist das Symbol, ein stilisiertes Buch mit einem Haken, gelb gefärbt.

Wenn also das „Faktenbuch“ eingeschaltet ist, sind viele Wörter im Bibeltext leicht blau unterstrichen. Fährt man mit der Maus darüber, öffnet sich zunächst neben dem grammatischen Parsing (s. im Bild rechts unten) auch ein Kurzeintrag aus dem Faktenbuch. Klickt man auf dieses Feld, öffnet sich das Faktenbuch (im Bild in der linken Spalte) und bietet eine Fülle an Informationen. Zunächst wird hier ein Eintrag aus dem „Lexikon zur Bibel“ angeboten (als „Lesetipp“). Mehr und mehr soll auch die RGG4 mit der Faktenbuch-Datenbank verknüpft werden, so dass man u.U. gleich zum RGG-Artikel weitergeleitet wird. Scrollt man den „David“-Eintrag des Faktenbuches weiter, so werden Medien (Bilder, Skizzen, z.B. ein Stammbaum) angeboten, wichtige Schlüsselstellen zu „David“, hebräische und griechische Wörter, die mit David zu tun haben (z.B. König, junger Mann), Links zur Zeitleiste, ein Katalog von Lexikoneinträgen u.a.m.

Sowohl mit der aktuellen Performance als auch mit dem Begriff „Faktenbuch“ muss man derzeit noch etwas Geduld haben. Nicht immer geht es um „Fakten“ im Sinne historisch-kritisch gesicherter Erkenntnisse; der Begriff wird hier in einem sehr weiten Sinne verstanden. Auch hängt die Leistungsfähigkeit des „Faktenbuches“ natürlich von den in der eigenen Bibliothek vorhandenen Ressourcen ab. Auch sind noch nicht alle neuen Ressourcen (z.B. das Lexikon RGG4) schon perfekt verlinkt. Trotzdem ist hier ein sehr richtiger Weg eingeschlagen: Mit einem Klick wird den Benutzenden schon sehr viel Information angeboten – doch auszuwählen, was davon sinnvoll und brauchbar ist, bleibt nach wie vor dem denkenden User überlassen. Logos übernimmt aber schon mal das Heraussuchen der Bücher und Artikel (aus dem, was man eben in seiner eigenen Bibliothek hat).

Ein besonderes Feature von Logos 9 ist die überarbeitete Predigtunterstützung. Der „Predigtassistent“ sammelt aus den im persönlichen Account vorhandenen Ressourcen Informationen zu einem Predigtthema bzw. zu einer Bibelstelle. Bei einer Bibelstelle werden Themenvorschläge gemacht und Kommentarstellen angeboten, wobei die Kommentare auch noch gefiltert und sortiert werden können.

Der „Predigteditor“ hilft beim Abfassen einer Predigt. Man kann sich Notizen machen oder schon ausformulieren. Dabei werden auch Folien erstellt, wenn man mit dieser optischen Unterstützung predigen will. Ein Vortragsmodus macht das Notebook oder Tablet zur Gedächtnisstütze; dabei kann eine Uhr hilfreich sein, die Zeit nicht aus den Augen zu verlieren. Natürlich kann man die fertige Predigt auch auf Papier ausdrucken. Wer viele Predigten halten muss oder darf, kann sich hier im Laufe der Zeit ein großes eigenes Archiv anlegen. Damit man nicht den Überblick verliert, werden die so erstellten Predigten im „Predigtkalender“ übersichtlich sortiert.