BibleWorks 9

Bible Works 9. Software for Biblical Exegesis and Research (DVD). Hg. von Bible Works LLC, Norfolk 2011.
359 US$ (Vollversion); 159 US$ (Upgrade von Version 8); 199 US$ (Upgrade von Version 7)

Systemvoraussetzungen und Hinweise für Mac-Benutzer: Windows® XP/Vista/7 (Mac User können BibleWorks 9 über eine Virtualisierungssoftware benutzen. <Nähere Informationen>), mind. Auflösung 1024x600, mind. 512 MB RAM, DVD-ROM-Laufwerk, 1 GB freier Festplattenspeicher (15-20 GB bei vollständiger Installation), Soundkarte für die Audiofunktionen, Internetverbindung für Programm-Updates, Internet Explorer® version 7.

Autor der Rezension: Thomas Hieke

Erstellt: Oktober 2011

Focus on the text - die Fortsetzung

Die erfolgreiche Geschichte von „Focus on the text - Konzentriere dich auf den Text” geht weiter. Das Motto, mit dem schon Version 8 der immer noch führenden Bibelsoftware für Windows angetreten ist, wird auch bei der neuen Version 9 beibehalten (und ist mittlerweile per TM - trademark - als eingetragenes Warenzeichen geschützt). In der Tat ist „BibleWorks” mittlerweile zu einer echten „Marke” geworden und zur ersten Adresse für alle, die mit den hebräischen, aramäischen und griechischen Texten der Bibel intensiv arbeiten wollen. Eine Beschreibung zu BibleWorks 8 findet sich hier, eine grundlegende Einführung zu Bible Works (Version 7) findet sich hier. Die dort genannten Punkte gelten natürlich auch für Version 9 und werden somit vorausgesetzt. Im Folgenden soll es darum gehen, was die neue Version 9 an zusätzlichen Inhalten und Werkzeugen („features”) bietet und ob sich ein Umstieg (upgrade) lohnt. Ein Aufstieg von älteren Versionen ist bei BibleWorks 7 oder 8 gut möglich, bei älteren Ausgangsversionen ist eine neue Vollversion zu kaufen und zu installieren.

Der Einstieg

Wer BibleWorks zum ersten Mal benutzt und mit Version 9 einsteigt, sollte den Startbildschirm nach der Installation nicht zu schnell überklicken, sondern sich mit den dort angebotenen Kurzvideos vertraut machen.

Bediensprache ist wie immer das Englische, auch die Videos sind in englischer Sprache gehalten. Wer ein ähnlich umfangreiches deutschsprachiges Programm sucht, findet dies in der Stuttgarter Elektronischen Studienbibel 3.0.

Wer schon mit BibleWorks vertraut ist, wird sich schnell den „Standardbildschirm” mit seinen drei „Säulen” so zurechtlegen können, dass die gewünschten Textausgaben und Versionen sichtbar sind:

Was ist neu in BibleWorks 9?

Es fällt zunächst eine leichte Überarbeitung der Grafik der Knöpfe („buttons”) auf. Lässt man aber den Blick über das Ergebnisfenster (search window; links), das Darstellungsfenster (browse window; Mitte) und das Analysefenster (analysis window, rechts) schweifen, so sticht eine rote Markierung am rechten Rand ins Auge.

Hinter dem roten Feld mit dem Pfeil verbirgt sich ein neues Feature in BibleWorks 9: das aufgeteilte Analysefenster, das faktisch eine vierte Säule oder Spalte freigibt.

So können neben den bisherigen Analyseinformationen wie Wörterbucheinträgen oder (wie in obigem Beispiel) Querverweisen weitere Informationsquellen wie Wortlisten, Einträge im textkritischen Apparat oder fotografische Wiedergaben von Handschriften angezeigt werden.

Damit ist man schon bei den wichtigsten inhaltlichen Neuerungen von BibleWorks 9, die vor allem für die neutestamentlichen Wissenschaften von Interesse sind. Ein besonders eindrucksvolles neues Element ist das BibleWorks Manuscript Project: Die erste Lieferung umfasst neue Transkriptionen und vollständige Bilder von sieben Handschriften des griechischen Neuen Testaments: Sinaiticus, Vaticanus, Alexandrinus, Bezae, Washingtonianus, Boernerianus und GA1141. Diese Handschriften sind wie jede BibleWorks-Textausgabe vollständig durchsuchbar; die grammatikalische Analyse und das zugehörige „Tagging” (das Zuordnen grammatikalischer Informationen zu einzelnen Wörtern) sind noch nicht abgeschlossen, werden aber durch kostenlose Web-Updates fortgeführt. In folgendem Beispiel ist der Anfang des Matthäusevangeliums dargestellt: Das Darstellungsfenster (browse window) enthält den fortlaufenden Text der Transkription des Codex Sinaiticus, die neue vierte Spalte zeigt einen Ausschnitt aus dieser Handschrift. Die Handschriftenbilder können in Textverarbeitungen oder Präsentationssoftware wie PowerPoint exportiert werden.

Die folgende Variante zeigt den gleichen Vers (Mt 1,1) im Codex Vaticanus an, wobei sich auch noch unter „Transcription Notes” ein erläuternder Hinweis auf die besondere Gestaltung dieses Anfangs des Neuen Testaments findet:

BibleWorks 9 enthält weiter den zum ersten Mal als PC-Version veröffentlichten textkritischen Apparat zum Neuen Testament vom Center for New Testament Textual Studies (CNTTS) am New Orleans Baptist Theological Seminary (Bill Warren, director). Für Mt 1,1 sieht dieser Apparat so aus:

Man kann diesen Apparat auch in einem eigenen Fenster öffnen und darin jede neutestamentliche Stelle (hier der Beginn des Johannesevangeliums) ansteuern. Jede Abkürzung und jede Handschriftennummer kann angeklickt werden; der Link führt dann zu einer kurzen Erläuterung des jeweiligen Textzeugens.

BibleWorks 9 enthält auch „The Moody Atlas of the Bible” von Barry J. Beitzel mit 118 Landkarten und vielen Fotos. Ein Beispiel für dieses Kartenmaterial sei herausgegriffen: Eine Karte mit den Feldzügen Alexanders des Großen und der Aufteilung des hellenistischen Reiches nach Alexanders Tod (Diadochenreiche):

Auch diese Karten können problemlos über die Zwischenablage (clipboard; mit Rechtsklick zu erreichen) in eine Textverarbeitung, eine Bildbearbeitung oder eine Präsentationssoftware eingebaut werden.

Neue deutschsprachige Inhalte sind die so genannte „NeueLuther Bibel” (NLB), eine sprachlich überarbeitete Fassung der Lutherbibel von 1912 in neuer Rechtschreibung, und das Neue Testament in deutscher Fassung (Herbert Jantzen; 2009/2011; Abkürzung: JAN). BibleWorks 9 zitiert zur NeuenLuther Bibel aus dem Vorwort: „Veraltete Begriffe und Ausdrucksweisen wurden dem gegenwärtigen Sprachgebrauch angepasst. Das Ziel war: Möglichst nah am Urtext zu bleiben, die kraftvolle Sprache Luthers wirken zu lassen und doch eine gut verständliche, in unsere Zeit sprechende Übersetzung zu schaffen, indem man »dem Volk aufs Maul schaut«, wie Luther es so treffend sagte. Geläufige Lutherausdrücke bleiben jedoch erhalten”.

Ein bemerkenswertes Feature ist der automatische Übersetzungsvergleich. In folgendem Beispiel werden fünf deutsche Übersetzungen verglichen, wie sie den Anfangsvers des Neuen Testaments übersetzen (Mt 1,1). Die Abweichungen sind markiert.

Den Übersetzungsvergleich erreicht man in der Buttonleiste über die „Waage” (in obigem Bild herausgehoben). Es öffnet sich das oben ebenfalls sichtbare Fenster, in dem man die Übersetzungen, die man vergleichen will, mit Hilfe des in BibleWorks üblichen dreibuchstabigen Codes eingibt (im Beispiel: ein, elb, jan, lut, nlb) und die Art der Farbmarkierung wählt. Man kann so auch von Vers zu Vers fortschreiten und sieht jeweils, wo und wie die Übersetzungen voneinander abweichen.

Auf diese Weise kann man auch verschiedene originalsprachige Ausgaben miteinander vergleichen, so etwa den Standardtext des griechischen Neuen Testaments mit dem byzantinischen Texttyp:

Auch die verschiedenen Manuskripte können sehr gut verglichen werden:

Beispiel 2: Neben dem byzantinischen Text (BYZ) und dem Standardtext (BGT; entspricht Nestle-Aland 27. Aufl.) werden hier noch Sinaiticus, Alexandrinus, Washingtonianus und Bezae sowie die 8. Auflage des Tischendorf-NT auf Unterschiede hin untersucht.

Fazit

Wer am griechischen oder hebräischen Text der Bibel sinnvoll arbeiten will, kommt um BibleWorks nicht herum. Alternativen sind allenfalls die Stuttgarter Elektronische Studienbibel (zwar mit deutschsprachiger Benutzeroberfläche erhältlich, aber weitaus schwieriger zu bedienen) oder - für MAC-Nutzer - Accordance. BibleWorks ist wohl immer noch das Programm, das am meisten für den Preis bietet. Durch die hilfreichen Videos, die vom Startbildschirm aus zu erreichen sind (s.o.), eignet sich BibleWorks 9 auch für Einsteiger.

Lohnt sich ein „upgrade” für Nutzer älterer Versionen? Version 6 (und ältere) sollte man eigentlich nicht mehr benutzen (auch nicht „gebraucht” kaufen), denn erst ab Version 7 bietet BibleWorks die nötige Unterstützung für die heute üblichen Unicode-Zeichensätze für Hebräisch und Griechisch. Auch ein Umstieg von Version 7 auf 8 lohnt sich, da das neuere Programm einige durchaus wichtige Suchmöglichkeiten bietet, siehe hierzu die Vorstellung von BibleWorks 8. Ob man auf Version 9 umsteigt, hängt von den persönlichen Forschungsschwerpunkten ab. Insbesondere Neutestamentlerinnen und Neutestamentler werden hier eine klare Präferenz für Version 9 sehen, denn die gebotenen Möglichkeiten (Bilder von Originalhandschriften, Transkriptionen derselben, Such- und Vergleichsmöglichkeiten) sind ein echter Gewinn. Zugleich ist damit angedeutet, wohin sich BibleWorks noch entwickeln kann: Auch für das Alte Testament wird es reizvoll sein, unterschiedliche Handschriften via Bild und Transkription vergleichen zu können. Der Einbau der in Qumran gefundenen Bibelfragmente wird nun zum echten Desiderat: Mit der Funktion des automatischen Versionsvergleichs ließe sich schnell anschaulich machen, wo etwa die Unterschiede zwischen 1QJesa (der großen Jesaja-Rolle) und dem Standardtext (masoretischer Text/BHS von Jesaja) liegen.

Mit BibleWorks 9 ist kein „Quantensprung” erreicht, denn die Vorgängerversion 8 war schon ein sehr ausgereiftes Produkt. Die in Version 9 gebotenen Zusatzinformationen sind jedoch von höchster Nützlichkeit: für die/den sehr ins Detail gehenden Textkritiker/in (BibleWorks Manuscript Project) ebenso wie für Theologie und Katechese (z.B. mit dem Moody-Bibelatlas). Insgesamt gilt wieder - wie schon für die Vorgängerversion 8 -: BibleWorks 9 ist ein sehr empfehlenswertes Produkt.

Aktuelles

BibleWorks 9 bietet jetzt auch die neue, 28. Auflage des Novum Testamentum Graece von Nestle-Aland (noch ohne den kritischen Apparat; dieses Element soll demnächst kommen), die 5. revidierte Auflage der Vulgata (ohne kritischen Apparat) und die Lutherbibel in der revidierten Fassung von 1984. <Nähere Informationen>.